Leitender Ermittler: Kommissar Gorn
Lösung aufklappen oder zurück und weiter ermitteln!
Sehr gut, liebes Ausbildungsteam.
Es gab in diesem Fall zwar mehrere Personen, die auf den ersten Blick ein Motiv und vielleicht auch die Gelegenheit zum Mord haben könnten, letztlich hatten allerdings alle bis auf eine Person ein Alibi für die Tatzeit.
Susanne van Graaf
Volker hatte eine Affäre mit seiner Assistentin, von der Susanne allerdings erst nach dem Tod ihres Mannes erfuhr. Sie war zu dem Zeitpunkt im Kino und hatte ihr Handy Zuhause vergessen, was von der Funkdatenanalyse ihres Handys bestätigt wird. Außerdem hatte eine Freundin sie mit nach Aurich genommen, da Volker mit dem Auto unterwegs war. Susanne hätte es nach dem Film (den sie vollständig gesehen hat, denn den Stempel für die Stempelkarte gibt es erst am Ende des Films) nicht rechtzeitig zur Mordzeit nach Neuharlingersiel geschafft.
Thorsten Braumann
Thorstens Auseinandersetzung mit Volker van Graaf war finanzieller Natur. Dieser hatte ihn zuvor aus der gemeinsamen Immobilienfirma gedrängt, was Thorsten in finanzielle Schwierigkeiten brachte. So bekam er keinen Kredit mehr und musste dadurch sein Haus verkaufen.
Wie der Eintrag im digitalen Gästebuch des Datteins allerdings zeigt, hat Thorsten sich nach dem Streit mit Volker an diesem Abend stark alkoholisiert einem Skat-Turnier angeschlossen, welches er sogar gewonnen hat. Dieser Ablauf wird von verschiedenen Zeug:innen bestätigen. Ein gewisser Gunther W. gibt im Gästebuch an, dass er und Thorsten erst nach Mitternacht den Nachhauseweg angetreten haben. Bis dahin war Thorsten also unter Zeug:innen im Dattein.
Lorenz Winkler
Lorenz befürchtet, dass van Graaf etwas mit dem Tod seines Vaters zu tun haben könnte. Er hätte also einen Grund gehabt, sich an ihm zu rächen.
Wenn man Lorenz’ Reiseroute vom Flughafen bis zu seiner Adresse, zu der er mit dem Taxi gebracht wurde, nachverfolgt, stellt man allerdings fest, dass er sich Zuhause befand, als Claudia ihm um 21:41 Uhr schrieb, wo sie van Graaf abgesetzt hat. Mit dem Auto benötigt man 25 Minuten vom Schulweg in Dornum bis zum Dattein. Lorenz hätte also in dem Moment, in dem Claudia ihm die Nachricht geschrieben hat, ins Auto springen und mit überhöhter Geschwindigkeit nach Neuharlingersiel fahren müssen, um vor 22 Uhr dort zu sein. Dann hätte er allerdings immer noch keine Gelegenheit gehabt, an einen der neuen, schwarzen Kugelschreiber des Datteins zu kommen, mit denen Volker ermordet wurde.
Anja Schulz
Anja hat gelegentlich mit van Graaf geflirtet und sie haben sich wohl auch mal zu einem gemütlichen Saunaabend getroffen. Sie hat Volker den Bierdeckel zugesteckt, auf dem sie nach einem baldigen Treffen gefragt hat.
Allerdings hat Anja gegen 21:40 Uhr das Dattein verlassen und sich auf ihr Fahrrad geschwungen. Wie das Esenser Boulevard Blatt berichtet, hatte sie ungefähr zehn Minuten später einen Unfall auf der Großholum-Dorfstraße. Ihre Smartwatch zeichnete nicht nur den Sturz auf, sondern rief auch eigenständig die Rettungskräfte. Diese waren auch der Taxifahrerin Ulla Kuhmeister aufgefallen. Zum Tatzeitpunkt war Anja so in Behandlung der Rettungskräfte.
Claudia Hohmeyer
Claudia arbeitet im Dattein und kennt van Graaf als Stammgast und Ehemann ihrer Freundin Susanne. Ein starkes Motiv hatte sie nicht. Claudia hat das Opfer an der Bushaltestelle abgesetzt und ist danach direkt zurück zum Dattein gegangen. Anja Schulz, die ihr auf dem Fahrrad entgegenkam, bezeugt das in ihrer Aussage. In der Kneipe war laut mehrerer Aussagen die Hölle los, sodass anzunehmen ist, dass sie den restlichen Abend weiterhin beschäftigt war.
Unsere ermittelnden Beamt:innen konnten den Fall damals erfolgreich aufklären und Melina Liesegang zu einem Geständnis bringen:
Sie hatte schon seit langer Zeit eine Affäre mit Volker van Graaf und er hat ihr immer wieder versprochen, seine Frau zu verlassen. Als Melina von ihm schwanger wurde, dachte sie, dass sie ihn nun endlich dazu bringen könnte, diese Versprechungen in die Tat umzusetzen. Während ihres Streits im Dattein ging es genau darum. Doch van Graaf wollte sich nicht trennen.
Melina ging zu ihrem Auto, beschloss, Volkers Frau das Geheimnis selbst zu erzählen und fuhr zum Haus der van Graafs in Esens. Susanne befand sich um 21:36 Uhr allerdings noch im Kino. Frustriert und verzweifelt entschied Melina sich dazu, noch einmal mit van Graaf zu sprechen und fuhr zurück nach Neuharlingersiel. Auf dem Weg zum Dattein sah sie Volker völlig betrunken an der Bushaltestelle stehen, fuhr an den Straßenrand und stieg aus.
Sie erzählte ihm, dass sie gerade zu seinem Haus gefahren ist und dass er Glück habe, dass sie seine Frau nicht angetroffen habe. So habe er noch eine Chance, es ihr selbst zu erzählen. Van Graaf, der dafür bekannt ist, alkoholisiert leicht die Beherrschung zu verlieren, beschimpfte sie und versuchte, sie zu schlagen. Melina, die durch ihren Krav Maga-Kurs gelernt hat, sich gegen Angriffe zu verteidigen, wich ihm geschickt aus, sodass sein Schlag an der Wand der Bushaltestelle landete. Melina reagierte in ihrer Wut und Emotionalität über. Sie griff sich den Kugelschreiber aus ihrer Tasche, den sie zuvor bei ihrem Besuch im Dattein eingesteckt hatte, und stach zielsicher auf van Graafs Hals ein.
Als sie bemerkte, was sie getan hatte, versuchte sie ihre Spuren an der Mordwaffe zu verwischen, ließ den Kugelschreiber liegen und fuhr mit ihrem roten Auto (welches im Hintergrund des Klingel-Fotos am Haus der van Graafs zu sehen ist) davon. Auf dem Weg wurde sie von der Taxifahrerin gesehen, die gerade aus Esens kam, um van Graaf an der Haltestelle in Neuharlingersiel abzuholen.
Melinas Anwältin plädierte auf Notwehr, da Melina sich von van Graaf bedroht gefühlt habe. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Art des Angriffs dem betrunkenen Zustand des Opfers und seiner eingeschränkten Koordination angemessen war. Melinas Geständnis und ihre geäußerte Reue könnten jedoch strafmildernd wirken. Sie gab an, dass sie sehr wütend und emotional überfordert war. Sie habe van Graaf zwar verletzen wollen, weil er sie gekränkt hatte, aber sie habe keine Tötungsabsicht gehabt.
Ob van Graaf und seine Firma übrigens wirklich etwas mit dem Tod von Elimar Winkler (und ggf. noch weiteren ahnungslosen Rentner:innen) zu tun hatten, konnte in dem Zuge noch nicht geklärt werden. Aber die ermittelnden Beamt:innen werden sich diesem Fall bestimmt bald zuwenden.